VDI_VDE_3719_Blatt-1_E__2019-05
ICS 31.220.01, 39.020 VDI/VDE-RICHTLINIEN Mai 2019VEREIN DEUTSCHER INGENIEURE VERBAND DER ELEKTROTECHNIK ELEKTRONIK INATIONSTECHNIK Herstellung von mechatronisch integrierten Baugruppen Mechatronic Integrated Devices, MID Laserdirektstrukturierung VDI/VDE 3719 Blatt 1 Entwurf Manufacturing of mechatronic integrated devices MID Laser direct structuring Einsprche bis 2019-08-31 vorzugsweise per E-Mail an in Papier an VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik Fachbereich Aufbau-, Verbindungs- und Leiterplattentechnik Stresemannallee 17 60596 Frankfurt/M. VDE/VDI-Gesellschaft Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik GMM Fachbereich Aufbau-, Verbindungs- und Leiterplattentechnik VDI/VDE-Handbuch Mikro- und Feinwerktechnik VDI-Handbuch Produktionstechnik und Fertigungsverfahren Band 2 Fertigungsverfahren Inhalt Seite Vorbemerkung 2 Einleitung 2 1 Anwendungsbereich 2 2 Normative Verweise . 2 3 Begriffe . 2 4 Abkrzungen 2 5 Laserdirektstrukturierung . 2 5.1 Werkstoffe 3 5.2 1K-Spritzgieen 3 5.3 Laserstrukturieren . 9 5.4 Reinigen .13 5.5 Metallisieren 15 6 Gestaltungsrichtlinien 20 Schrifttum 22 2 VDI/VDE 3719 Blatt 1 Entwurf Vorbemerkung Der Inhalt dieser Richtlinie ist entstanden unter Beachtung der Vorgaben und Empfehlungen der Richtlinie VDI 1000. An der Erarbeitung dieser Richtlinie waren beteiligt N. BachnakH. Berger L. Blassmann Prof. D. Drummer Dr. W. Eberhardt Dr. Ch. Ernst A. Fischer Dr. T. Grzinger Dr. J. Heyer Dr. W. John Dr. Ch. Jrgenhake Th. Kaupp Dr. I. Kriebitzsch Dr. K. Kuhmann Th. Kuhn Dr. A. Pojtinger B. Rsener Prof. A. Zimmermann Allen, die ehrenamtlich an der Erarbeitung dieser Richtlinie mitgewirkt haben, sei gedankt. Eine Liste der aktuell verfgbaren Bltter dieser Richtlinienreihe ist im Internet abrufbar unter www.vdi.de/3719. Einleitung Diese Richtlinie liefert detaillierte Inationen zur Laserdirektstrukturierung. Absicht der hier vorgelegten Angaben ist es, einen Rahmen fr die prozesstechnologische Vielfalt der Laserdirekt-strukturierung bereitzustellen. Dabei soll ein kon-solidierter Standpunkt gleichermaen fr Anwen-der und Produzenten mechatronisch integrierter Baugruppen aufgezeigt werden. 1 Anwendungsbereich Die in dieser Richtlinie beschriebenen Prozesse zur Herstellung von MID in der LPKF-LDS1-Tech-nologie beruhen auf Erfahrungen von Industrie-unternehmen und Forschungsinstituten, die erfolg-reich MID-Bauteile produzieren und einsetzen. Es wird kein Anspruch auf Vollstndigkeit erhoben. Diese Richtlinie stellt eine Ergnzung zur Richtlinie VDI/VDE 3719 dar und erlutert die fr die La-serdirektstrukturierung erforderlichen Parameter. 2 Normative Verweise Die folgenden zitierten Dokumente sind fr die Anwendung dieser Richtlinie erforderlich VDI/VDE 37192019-05 Herstellung von mecha-tronisch integrierten Baugruppen Mechatronic Integrated Devices MID 3 Begriffe Fr die Anwendung dieser Richtlinie gelten die Begriffe nach VDI/VDE 3719. 4 Abkrzungen In dieser Richtlinie werden die Abkrzungen nach VDI/VDE 3719 und die nachfolgend aufgefhrten Abkrzungen verwendet AOI automatische optische Inspektion DI deionisiertes Wasser 5 Laserdirektstrukturierung Die Laserdirektstrukturierung ist ein Verfahren zur Herstellung mechatronisch integrierter Baugrup-pen. Die Grundkrperherstellung erfolgt in der Regel mittels 1K-Spritzguss. Die selektive Metalli-sierung besteht aus den Prozessschritten Struktu-rieren mittels Laser, einem optionalen Reini-gungsschritt und der anschlieenden Metallisie-rung Bild 1. Bei der Laserdirektstrukturierung LDS nach LPKF bildet ein in der Regel im 1K-Spritzguss hergestellter Schaltungstrger die Basis. Die Struk-turierung erfolgt durch einen steuerbaren Laser, der das gewnschte Leiterbahnlayout abfhrt. Der thermoplastische Kunststoff ist dabei mit einem Additiv dotiert. Whrend der Strukturierung durch den Laser werden Metallkeime freigesetzt und damit die Oberflche katalytisch aktiviert. Gleich- 1 LPKF-LDS ist ein von der Firma LPKF patentiertes Ver-fahren. Diese Ination dient lediglich zur Unterrichtung der Anwender dieser Richtlinie und bedeutet keine Aner-kennung des genannten Produkts durch den VDI. Gleich-wertige Produkte drfen Anwendung finden, wenn sie nachweisbar zu den gleichen Ergebnissen fhren. Entwurf VDI/VDE 3719 Blatt 1 3 zeitig raut der Laser die Oberflche auf, sodass bei der anschlieenden chemischen Metallisierung die Haftung durch die Rauigkeit signifikant verbessert wird. Der Prozess endet mit einer Oberflchenver-edelung Bild 2. Dieses Verfahren wurde vor allem durch die Firma LPKF geprgt 2; 5; 9; 10. Die selektive Metalli-sierung erfolgt damit mageblich in zwei unter-schiedlichen Arbeitsschritten. Diese werden in der Regel durch einen zwischengelagerten Reinigungs-schritt ergnzt. 5.1 Werkstoffe Kommerziell verfgbare Werkstoffe, die fr das LDS-Verfahren geeignet sind, werden von ver-schiedenen Anbietern genannt z. B. LPKF Laser 6. 5.5.2.5 Fehlerbilder und ihre Ursachen Folgende Fehlerbilder sind bei der Produktion von MID nach dem LDS-Verfahren zu vermeiden Fremdabscheidungen/Kurzschlsse Fremdabscheidungen knnen durch eine unzu-reichende Qualitt der Spritzgussteile z. B. Verwendung von Aluminiumwerkzeugen, nicht optimale Laserparameter z. B. zu hohe Laserleistung, Metallabrieb in der Bauteilauf-nahme whrend der Laserstrukturierung, unzu-reichende Reinigung nach der Laserstrukturie-rung, zu hohe Badaktivitt, Verschmutzungen in den Metallisierungsbdern und durch Reiben der Bauteile untereinander beim Metallisie-rungsprozess in der Trommel bei ungnstigem Bauteildesign entstehen. Fremdabscheidungen zwischen Leiterbahnen knnen zu Kurzschls-sen fhren Bild 16. schlechtes Anspringverhalten/inhomogene Beschichtung/Fehlstellen Lassen sich laserstrukturierte Bereiche schlecht oder gar nicht metallisieren, so ist keine ausrei-chende Anzahl an oberflchennahen Keimen vorhanden. Die Ursachen knnen in falsch ge-whlten Laserparametern z. B. zu geringe La-serleistung, falschen Reinigungsparametern z. B. zu intensive Reinigung, Bild 17 und zu geringer Badaktivitt liegen Bild 18. Statis-tisch auftretende Fehlstellen in der Metall-schicht Bild 19 knnen durch eine partielle Passivierung der laseraktivierten Bereiche z.B.durch Verschmutzungen entstehen. Bild 16. Fremdabscheidung Bild 17. Einfluss Reinigungsprozess auf Fremdabscheidung Entwurf VDI/VDE 3719 Blatt 1 19 Bild 18. Inhomogene Metallschicht nach Kupferabscheidung Bei glasfaserhaltigen LDS-Werkstoffen kann die Ursache einer inhomogenen Beschichtung in einer erhhten Anzahl an Glasfasern in der obersten Spritzhaut liegen. zu hohe Schichtrauheit Eine zu hohe Schichtrauheit kann durch unge-eignete Laserparameter, Reinigungsparameter sowie durch eine zu hohe Badaktivitt entstehen Bild 20. inhomogener Metallschichtaufbau Ein inhomogener Metallschichtaufbau kann durch eine Prozessunterbrechung whrend der Metallabscheidung entstehen. Dies kann unter mechanischer Belastung zur Rissbildung und Delamination in der Metallschicht fhren. Delamination Eine zu geringe Oberflchenrauheit, erhhte Ei-genspannungen im Metallschichtsystem und eine inhomogene Metallschicht knnen zur Delami-nation der Metallschicht fhren Bild 21. Bild 19. Fehlstellen in der Metallschicht Bild 20. Hohe Schichtrauheit Bild 21. Delamination von Metallschichten, z. B. an Radien 20 VDI/VDE 3719 Blatt 1 Entwurf Mikrorisse in Metallschicht Mikrorisse in Leiterbahnen knnen bei Tempe-raturbelastung durch erhhte thermomechani-sche Spannungen aufgrund einer zu hohen Dis-krepanz der thermischen Ausdehnungskoeffi-zienten zwischen Metallschicht und Kunst-stoffsubstrat und/oder durch eine ungnstige Anordnung der Leiterbahnen zur aus der Spritzgussrichtung resultierenden Orientierung des Kunststoffsubstrats entstehen. Weiterhin kann bei entsprechenden LDS-Werkstoffen durch eine zu hohe Wasseraufnahme des Kunst-stoffbauteils die dadurch entstehende Ausdeh-nung mechanische Spannungen in der Metall-schicht induzieren, welche zu Mikrorissen fh-ren kann. Weitere Ursachen fr Mikrorisse kn-nen Bindenhte/Auswerfermarkierungen unter dem Leiterbild, erhhte Eigenspannungen in der Metallschicht, ein ungnstig gewhlter Phos-phorgehalt in der Nickelschicht, eine zu geringe Schichtdicke vor allem bei der Kupferschicht und/oder ein ungnstiges Schichtdickenverhlt-nis der Metallschichten zueinander sein Bild 22. Anmerkung1 Der thermische Ausdehnungskoeffizient eines gefllten Thermoplasts z. B. PA, PBT, LCP ist pa-rallel zur Orientierung aus dem Spritzgussprozess geringer als quer dazu. Anmerkung2 Ein zustzlicher Temperschritt nach dem Metallisierungsprozess kann die Eigenspannungen in der Metallschicht reduzieren und gegebenenfalls die Haftfes-tigkeit der Metallschicht auf dem MID-Substrat erhhen. Anmerkung3 Durch den Einsatz eines Nickelelektroly-ten fr eine hochphosphorhaltige Nickelschicht wird die abgeschiedene Nickel-Phosphor-Schicht duktiler und hat eine geringere Neigung zur Rissbildung. Bild 22. Mikroriss in Metallschicht Mechanische Beschdigungen Mechanische Beschdigungen der Metall-schicht knnen durch die Prozessierung in einer Trommel bedingt sein. 6 Gestaltungsrichtlinien Im Rahmen der Entwicklung von MID-Produkten werden insbesondere bei der Konkretisierung, also im Hinblick auf die Gestaltung des Produkts, un-tersttzende Entwicklungsleitfden eingesetzt. Hierbei liegt der Schwerpunkt auf konkreten ver-fahrensspezifischen Gestaltungsrichtlinien. Diese ermglichen eine fertigungsgerechte Konstruktion und zeigen wichtige Aspekte entlang der Prozess-kette auf. Vielfach werden diese Leitfden von den Unternehmen selbst entwickelt und beinhalten daher Prozess-Know-how aus der Praxis. Am Bei-spiel des LPKF-LDS-Leitfadens 8 sollen Auf-bau und Struktur dieser Leitfden erlutert werden. Dieser Leitfaden ermglicht die Herstellung in-novativer MID-Bauteile mithilfe des LDS-Ver-fahrens. Die vom Unternehmen bereitgestellte Gestaltungsrichtlinie liefert dem Entwickler ver-lssliche Kennwerte und Empfehlungen bezglich einer fertigungsgerechten Produktgestaltung. Diese beruhen auf technischen Parametern der am Pro-zess beteiligten Anlagen und auf Erfahrungen des Unternehmens hinsichtlich bereits realisierter An-wendungen. Die Inhalte der Gestaltungsrichtlinie beziehen sich sowohl auf die Entwicklung des Produkts selbst als auch auf die beteiligten Ferti-gungsmittel. Der LDS-MID-Entwickler erhlt da-mit einen Leitfaden, der die Prozessschritte Spritz-gieen, Strukturierung, Metallisierung und AVT umfasst. Ferner geht es um Werkstoffe Da sich das LDS-Verfahren nur mit spezifi-schen Materialien realisieren lsst, werden be-reits eingangs die durch LPKF freigegebenen Werkstoffe aufgefhrt. Designregeln Der Leitfaden liefert sehr konkrete Designre-geln, die den Entwickler bei der Konstruktion von MID-Bauteilen untersttzen. Empfohlene Leiterbahnbreiten und -abstnde werden ebenso erlutert wie Kantenradien oder Leiterbahnposi-tionen. Spritzgieen Da die MID-Bauteile im 1K-Spritzgie-Verfah-ren gefertigt und erst im Anschluss daran laser-strukturiert werden, ist der Spritzgieprozess mitentscheidend fr die Qualitt des MID-Bauteils. Bei der Auslegung des Grundkrpers Entwurf VDI/VDE 3719 Blatt 1 21 ist beispielsweise die Nachschwindung des Kunststoffs aber auch das Material des Spritz-giewerkzeugs an sich zu bercksichtigen. Die Werkzeuge sollten beispielsweise nicht aus Aluminium hergestellt werden, um werkzeug-bedingte Fremdabscheidungen bei der Metalli-sierung von LDS-MID-Bauteilen zu vermeiden. Die Oberflchengte des Werkzeugs sowie die Position der Anspritzpunkte sind ebenfalls ent-scheidende Faktoren fr die Qualitt des Bau-teils und deshalb im Leitfaden ausfhrlich be-schrieben. Laserbearbeitung Fr den Prozessschritt der Strukturierung gibt der Leitfaden detaillierte Inationen zu La-serparametern, Teilehalterungen und weiteren Prozessparametern. Metallisierung Zur Gewhrleistung einer fehlerfreien Metalli-sierung muss der Entwickler bestimmte Pro-zessparameter beherrschen. Diese werden eben-falls im Leitfaden explizit erlutert. Die LPKF-LDSR-Designregeln 8 geben ei-nen sehr detaillierten und anwendertauglichen berblick ber alle Prozesse im Zusammen-hang mit dem LDS-Verfahren. Darber hinaus sind weitere unternehmensspe-zifische Leitfden verfgbar Harting AG 4, 2E mechatronics o. ., die sich inhaltlich und in ihrer Grundstruktur stark hneln. Lediglich leichte Abweichungen sind aufgrund der indi-viduellen Erfahrungen der Unternehmen mg-lich. 22 VDI/VDE 3719 Blatt 1 Entwurf Schrifttum Technische Regeln VDI 10002010-06 VDI-Richtlinienarbeit; Grundstze und Anleitungen VDI Guideline Work; Principles and proce-dures. Berlin Beuth Verlag VDI/VDE 37192019-05 Herstellung von mechatronisch integrierten Baugruppen Mechatronic Integrated Devices MID Manufacturing of mechatronic integrated devices MID. Berlin Beuth Verlag Literatur 1 W. Eberhardt, S. Weser, H. Kck Von der Deko in die Industrie Metallisierung von MID mit nasschemischen Verfahren. In Elektronik Sonderausgabe Rumliche Elektronische Schaltungstrger, 2011, S. 24-27. 2 Franke, J. Hrsg. Rumliche elektronische Baugruppen 3D-MID Werkstoffe Hersteller, Montage und An-wendungen fr spritzgegossene Schaltungstrger. Carl HANSER, Mnchen, 2013 3 Goth, C.; Kuhn, T.; Gion, G.; Franke, J. Hot Pin Pull New Test Procedure for the Adhesion Meas-urement for 3D-MID. In 11th International Congress Molded Interconnect Devices Scientific Proceedings, Trans Tech Publications Ltd, Pfaffikon, 2014, pp. 115-120. 4 Harting AG Mitronics Gestaltungsrichtlinie 3D-MID, Unternehmensschrift, Biel, 2012 5 Kurtz, O.; Barthelmes, J.; Rther, R.; Bozsa, F. Innova-tive 3D-MID-Technologie. In Produktion von Leiter-platten und Systemen PLUS 8/2014, Leuze Verlag, Bad Saulgau, 2014 6 Kuhn, T.; Franke, J. Test s and Influencing Factors for the Adhesion Strength Measurement of Met-allized Structures on Thermoplastic Substrates. In IEEE Proceedings of the 16th Electronics Packaging Technol-ogy Conference EPTC, Singapore, 2014, pp. 655-660. 7 Kunststoff-Institut Ldenscheid Strungsratgeber fr teilfehler an thermoplastischen Spritzgussteilen, 12. Auflage, Ldenscheid, April 20138 LPKF Laser Wissbrock, H. Leiterbahnstrukturen auf einem nichtleitenden Trgermaterial, insbesondere feine Leiterbahnstrukturen und Verfahren zu ihrer Herstel-lung, Patent Nr. WO 1999005895 A1, 1998 10 Naundorf, G.; Wissbrock, H. Leiterbahnstrukturen und Verfahren zu ihrer Herstellung, Patent Nr. WO 2003005784 A2, 2003